Weil über 90 % aller Jungs mit einer Phimose geboren werden und diese bis zur Pubertät natürlicherweise besteht, betrifft dieses Thema alle Eltern von Söhnen.
Leider bestehen unter jungen Eltern viele Unklarheiten darüber , was eine Vorhautverengung ist, beziehungsweise wann und wie diese behandelt werden sollte. Häufig begegnen mir besorgte Eltern, die berichten, die Vorhaut ihres Sohnes lasse sich nicht zurückschieben. Genauso häufig höre ich Fragen zum Thema Intimhygiene. Dieser Blogartikel soll die wichtigsten Aspekte zur Phimose besprechen und hoffentlich alle relevanten Fragen beantworten. Der folgende Text beinhaltet auch Informationen zur operativen Therapie einer behandlungsbedürftigen Vorhautverengung. Es handelt sich hier nur um die medizinisch notwendige, nicht um die immer noch sehr häufig durchgeführte rituelle Beschneidung.
Das Wort Phimose kommt vom griechischen ‚phimos‘ (Maulkorb oder Knebel). Im medizinischen Kontext bezeichnet eine Phimose eine Vorhautverengung. Diese kann angeboren oder erworben sein und ist bei Jungen bis zur Pubertät physiologisch, also ohne Krankheitswert. Im Klartext bedeutet das: es ist normal, wenn Jungen bis zur Pubertät eine enge oder verklebte Vorhaut haben. Diese muss nicht behandelt werden, wenn sie keine Probleme (Schmerzen o.ä, s.u.) macht. Nur ungefähr die Hälfte aller 7-jährigen kann die Vorhaut problemlos zurückstreifen, was ganz normal ist.
In den ersten Lebensjahren ist die Vorhaut meist mit der Eichel verklebt. Die Natur hat es so eingerichtet, dass die sensible Haut der Eichel möglichst wenig Kontakt mit Urin oder Kot hat. Häufig kommt es erst mit dem Abschluss der Pubertät zu einer Lösung der Verklebungen und die Vorhaut lässt sich einfach zurückstreifen. Im Rahmen der Entwicklung bilden sich bei manchen Jungs zeitweise kleine Zysten zwischen Eichel und Vorhaut, die mit Talg gefüllt sind und deshalb weißlich erscheinen. Diese werden, leider auch von ärztlichem Personal, häufig fehlgedeutet. Es handelt sich um Smegma-Retentionszysten, die nicht behandelt werden müssen.
Wenn sich die Vorhautenge bis zum Abschluss der Pubertät nicht zurückbildet, spricht man von einer primären Phimose. Eine sekundäre Phimose hingegen entsteht zum Beispiel aufgrund von narbigen Veränderungen der Vorhaut, die als Folge von lokalen Entzündungen oder traumatischen Retraktionsversuchen entstehen kann. Aus diesem Grund sollte die Vorhaut auch nie forciert (also mit Kraft oder gegen Widerstand) zurückgeschoben werden.
Die Inzidenz (Häufigkeit) der primären Phimose liegt bei 0,5 – 1,6 %, ist also eher selten. Gründe für das Auftreten einer primären Phimose sind nicht bekannt. Genaue Angaben zur Häufigkeit der sekundären Phimose liegen nicht vor, Ursache ist in bis zu 80% der Fälle ein Lichen sclerosus et atrophicus, eine chronische Hautkrankheit, die am Genitale von Frauen und Männern auftreten kann, zu unangenehmen Verklebungen und Vernarbungen führt und häufig mit Juckreiz und Schmerzen einhergeht.
Wann und wie sollte eine Phimose behandelt werden?
Eine Vorhautenge muss NUR dann behandelt werden, wenn sie Probleme macht oder nach Abschluss der Pubertät noch besteht. Probleme können sein: Schmerzen beim Wasserlassen, häufige Harnwegsinfekte oder Entzündungen im Bereich des Penis. Manchmal führen auch Verklebungen zu Schwierigkeiten bei der Reinigung der Penis-/Eichelregion oder zu schmerzhaften Erektionen. All diese Symptome machen eine Therapie notwendig.
Es gibt verschiedene Behandlungsoptionen:
Konservative Therapie
In den meisten Fällen ist eine ‚konservative‘ Therapie ausreichend. Damit ist eine Salbenbehandlung gemeint, bei der über 4 Wochen ein kortisonhaltiges Salbenpräparat 1-2 x täglich lokal angewendet, also auf Eichel und Penisspitze,geschmiert wird.
Weitet sich die Vorhaut bei einem ersten Therapieversuch nicht, bringt eine erneute Salbentherapie in bis zu 60% der Fälle den gewünschten Erfolg. Es gibt keine klinische Evidenz für eine Behandlung, die länger als 3 Monate dauert oder mehr als 2 Zyklen beinhaltet. Während der Therapie mit einer Salbe werden klinische Kontrollen im Abstand von 4 Wochen empfohlen. Kommt es zur freien Retrahierbarkeit der Vorhaut (also lässt sich die Vorhaut einfach zurück streifen), soll die Therapie beendet werden.
Operation
Wenn die lokale Therapie nicht ausreichend wirksam ist,empfiehlt die Leitlinie eine operative Behandlung, sprich: eine Beschneidung oder Zirkumzision. Hierbei wird die Vorhaut ganz oder teilweise entfernt.
Wichtig: Zur OP wird nur dann geraten, wenn eine klare Behandlungsindikation vorliegt. (Also: Bestehende Phimose nach Abschluss der Pubertät oder häufige Probleme wie Schmerzen/Infektionen aufgrund der bestehenden Vorhautenge). In der Leitlinie wird mehrfach betont, dass die Behandlungsnotwendigkeit immer wieder geprüft werden muss, weil sich im Praxisalltag zeigt, dass Therapien häufig eingeleitet werden, obwohl keine klinische Notwendigkeit besteht.
Sofern die Indikation zur operativen Behandlung gestellt wird, müssen Eltern (und ggf. Patient) natürlich über die allgemeinen Operations-Risiken (Narkose-Risiko, Wundheilungsstörungen, Infektionen usw.) aufgeklärt werden und im Speziellen über die möglichen Komplikationen im Rahmen einer Zirkumzisions-OP.
• Sensibilitätseinschränkung
• Narbenbildung
• Verletzungen der Harnröhre und Schwellkörper
• Meatusstenose (eine Verengung der Harnröhre, was zu Problemen beim Wasserlassen führen kann)
• Rezidiv
• Spätere funktionelle oder ästhetische Beeinträchtigungen
• Spätere mögliche psychosexuelle Beeinträchtigungen
Allgemein lässt sich dennoch sagen, dass die Zirkumzision eine sichere OP ist und mit wenig Komplikationen einhergeht. Bei ca. 5% aller Patienten treten nach der Operation Komplikationen auf, meist handelt es sich hierbei um geringe Nachblutung, Schwellung oder Wundinfektion. (Je nach Definition, was als Komplikation zählt und abhängig davon, ob Kurz- oder Langzeitfolgen betrachtet werden, findet man in der Literatur sehr unterschiedliche Zahlen zwischen 4 und 55%). Die Zirkumzision wird in der Regel ambulant durchgeführt, das bedeutet die operierten Kinder und Jugendlichen werden noch am Tag des Eingriffs wieder nach Hause entlassen.
Nach dem Eingriff können die Patienten normal Pippi machen. Meist werden zur Wundheilung noch Sitzbäder und die Applikation von Wund- und Heilsalben für einige Tage empfohlen. Weil meist selbstauflösende Fäden verwendet werden, ist kein Fadenziehen notwendig. Leichte Schmerzen im Bereich des Op-Gebiets sind normal und sollten binnen weniger Tage deutlich rückläufig sein.
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