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Vergiftungen

2 von 1000 Kindern werden jährlich wegen Vergiftungsunfälle im Kinderkrankenhaus stationäre behandelt. Höchste Zeit also über dieses brisante Thema zu sprechen und zu schreiben.

Besonders gefährdet für Vergiftungen sind die 1-2Jährigen, die in ihrer Entdecker- und Abenteuerlust dazu neigen, alles zu probieren und auch in den Mund zu stecken, was ihnen so begegnet.

Das Spektrum der typischen kindlichen Vergiftungen reicht von Chemikalien, über Pflanzen und Medikamente. Die häufigsten Gefahren möchte ich in diesem Artikel für dich einmal zusammenfassen.


Pflanzen:


Hier stelle ich dir diejenigen Pflanzen vor, die zu Sofortsymptomen führen können und die du als Elternteil identifizieren solltest.


Fingerhut/ Eisenhut (besonders attraktiv für Kleinkinder wegen der schönen Blüten)


Eisenhut ist die giftigste Pflanze Europas und findet sich in Gärten und in Blumensträußen. Eisenhut kann nach Verzehr zu Magen-Darm-, Muskel-, Herz- und Atembeschwerden führen und tödlich sein. Im Krankenhaus wird ein Entgiftungsversuch mit einer Magenspülung und Kohlegabe unternommen.






Engelstrompete oder andere Brugmansia-Arten

Sowohl Kleinkinder als auch Jugendliche sind durch die Engelstrompete gefährdet. Kleinkinder, weil sie von den schönen Blüten angezogen werden, Jugendliche, weil sie sich durch die

halluzinogene Wirkung der Pflanze durch selbst zusammengebraute Mischungen vergiften können. Selbst ohne Symptome ist die sofortige Behandlung in einer Klinik indiziert.





Oleander


Alle Teile des Oleanders sind giftig. Ähnlich wie beim Efeu ist Oleander so bitterschmeckend, dass eine lebensbedrohliche Vergiftung unwahrscheinlich ist. Vergiftungserscheinungen bei Kindern können schon dann auftreten, wenn ein Blatt in den Mund genommen wird.


Herbstzeitlose

Die Herbstzeitlosen sind sowohl für Kleinkinder als auch Naturliebhaber eine Gefahr. Kleinkinder werden oft von den gefärbten Blütenblättern angezogen, Naturliebhaber

verwechseln die Blätter gelegentlich mit Bärlauch und pflücken diese für die eigene Küche. Der ganze Körper kann mit Symptomen auf die Vergiftung reagieren. Eine Vergiftung kann innerhalb von Tagen zum Tod führen. Im Krankenhaus wir versucht mittels Magenspülung und Kohlegabe einer Vergiftung entgegen zu wirken.


Rizinus:


Bereits fünf Rizinussamen können für ein Kleinkind tödlich sein. Im Krankenhaus würde versucht werden mittels Wurzelstock ein Erbrechen einzuleiten und dem Kind Kohle zu verabreichen, um einen möglichen tödlichen Ausgang zu verhindern.




Efeu

Alle Bestandteile des Efeus sind für den Menschen giftig. Sowohl die Blätter als auch die lila Beeren der Efeupflanze schmecken aber so bitter, dass der Verzehr einer größeren Menge Efeus durch ein Kind sehr unwahrscheinlich ist. Eine Efeupflanze muss also nicht unbedingt aus dem Garten entfernt werden. Besser wäre es, dem Kind zu erklären, dass der Verzehr schädlich ist.


Maiglöckchen


Alles Pflanzenteile des Maiglöckchens sind für den Menschen giftig. Die Blätter werden von Erwachsenen oft mit Bärlauch verwechselt, die Beeren und weißen Blüten können auf Kleinkinder anziehend wirken. Im schlimmsten Fall können Herzrhythmusstörungen auftreten.




Gemeiner Goldregen

Der Goldregen gehört zu einem der giftigsten Pflanzen Europas. Alle Bestandteile der Pflanze sind giftig. Erste Vergiftungserscheinungen treten bei Kindern schon ab einem Samen auf, einige Samen können bei Verschlucken zu Atemlähmung und Tod führen.


Ein eigenes Kapitel sind die verschiedenen Pilzsorten.

Am häufigsten essen Kleinkinder Pilzsorten, die sie im elterlichen Garten finden, wie Helmlinge, Düngerlinge oder Schwindlinge. Diese sind eigentlich immer harmlos. Selbst der Verzehr von einem muscarinhaltigen Risspilz muss keine Behandlung erfordern. In einem solche Fall ist aber die Identifizierung des Pilzes wichtig.

Eine große Gefahr für Kinder und auch Erwachsene sind Vergiftungen mit dem Grünen, Weißen oder Spitzkegeligen Knollenblätterpilz. Hier reichen schon 10 Gramm Pilzmaterial, um ein Leberversagen und auch eine tödliche Vergiftung auszulösen. Diese Pilze sind für Kinder im Waldspaziergang oft besonders verführerisch, denn sie riechen angenehm nach Honig und schmecken nussartig. Ähnlich gefährlich sind der Nadelholzhäubling und Giftschirmlinge.

Kinder sind durch Giftpilze stärker gefährdet, weil sie häufig ähnlich viel davon essen wie Erwachsene, aber deutlich weniger wiegen.


Anders als früher oder auch in vielen Filmen dargestellt, ist die Behandlung von Vergiftungen nur noch selten die Magenspülung (und wenn dann nicht mehr mit Tee der Leitungswasser sondern physiologischer Kochsalzlösung) oder das Auspumpen des Magens. Tatsächlich führen diese Maßnahmen schnell zu negativen gesundheitlichen Schäden.

Da die Kinder nach dem Auspumpen des Magens oft gesundheitliche Folgeschäden davontrugen, ging man früher davon aus, dass weitaus mehr Pflanzen für Menschen giftig und gefährlich sind, als das der Fall ist.


Ein klassisches Beispiel für eine „Entgiftung“ ist die Eibe. Hier ging man lange Zeit davon aus, dass die Beeren giftig sind. Mittlerweile weiss man aber, dass nur der Kern der Beere, sollte dieser aufgebissen werden, giftig ist und die Tannennadeln. Ein Kleinkind müsste davon aber so viel verzehren, dass eine Vergiftung sehr unwahrscheinlich ist.


Vergiftung mit Nikotin


Mein Sohn ist im Krabbel- und Entdeckeralter. Alles, was so seinen Krabbelweg kreuzt, wandert erst einmal in den Mund und wird ausprobiert.

Ich versuche, entspannt damit umzugehen und ihn die Welt entdecken zu lassen.

Bei Zigarettenkippen hört es aber mit der Entspannung auf. Und leider entdecke ich achtlos weggeworfene Stummel sogar immer wieder auf Kinderspielplätzen.


Denn diese sind für die Kinder richtig gefährlich. Tabakvergiftungen zählen zu den häufigsten Formen der Vergiftung im Kindesalter. Das Schlucken einer Zigarette KANN für ein Kleinkind lebensbedrohlich sein. Gottseidank sorgt die Magensäure dafür, dass in den letzten Jahren kein Kind an einer Tabakvergiftung gestorben ist. Trotzdem: je kleiner das Kind, desto größer sind die Auswirkungen von Nikotin auf den Körper.


Mit am gefährlichsten sind Aschenbecher mit Regenwasser. Hier ist das Nikotin bereits gelöst und wenn ein Kind davon „kostet“, wird das Nikotin unmittelbar vom Körper aufgenommen.

Eine Nikotinvergiftung beginnt mit Zittern, Schweißausbrüchen und Benommenheit- kann aber bis zu Krampfanfällen und Bewusstlosigkeit führen.


Falls dein Kind eine Kippe gegessen oder geschluckt hat:

Solltest du KEIN Erbrechen auslösen, weil es daran ersticken kann.

Besser: Anruf beim Notarzt und in der Giftnotrufzentrale. Aktivkohle zum Trinken geben, damit das Gift weniger vom Körper aufgenommen wird. Im Alter meines Sohnes habe ich tatsächlich immer Aktivkohle daheim, genau für solche Fälle.


Medikamente


Einer der größten Gefährdungspunkte für Kleinkinder im Haushalt sind Arzneimittel der Eltern/ Großeltern.

Medikamente sind der häufigste Grund, warum die Giftnotrufnummer (Telefonnummer 19240 samt örtlicher Vorwahl) gewählt wird.


Der Wirkstoff, der dabei mit Abstand am häufigsten zu Problemen führt, ist Paracetamol. Paracetamol kann die Leber schädigen und das wahnsinnig schnell. Bei einem 15 kg schweren Kind reichen 1,5 Tabletten von 500 mg Paracatamol, um die Leber zu schädigen. Der Verlauf einer Paracetamol Vergiftung ist oft nicht aufzuhalten und kann lebensbedrohliche Verläufe nehmen. Aber auch andere Medikamente wie Antiarrhythmika , Antidiabetika oder Schilddrüsenmedikamente können für die Kinder bedrohlich sein.


„Die Pille“ ist in der Regel harmlos - selbst wenn Kinder mehrere Kontrazeptiva verschlucken(Ausnahme: Wirkstoff Drospirenon).


Der Grund, warum Kinder so häufig Arzneimittel verschlucken, liegt an der Optik und der natürlichen Neugierde. Das bunte Aussehen der Medikamente erinnert an Süßigkeiten und wird gerne probiert und in den Mund gesteckt.

Die einzige Möglichkeit seine Kinder vor Arzneimittelvergiftungen zu schützen, ist es Medikamente sicher vor Kindern zu versperren. Dafür gibt es zum Beispiel kindersichere Medikamentenboxen. Auch bei den Großeltern unbedingt darauf achten, wie Medikamente verstaut sind. Besonders wenn mehrere Medikamente eingenommen werden, werden oft Tagesmedikamentenboxen benutzt, an denen die Kinder sich vergreifen können .


Vergiftungen durch Putzmittel, Shampoos und Haushaltsprodukte


Es gibt so ein paar Patientengeschichten, die sich in Hirn und Herz einbrennen und man sie nie vergessen wird.

Eine Geschichte handelt von einem 2-jährigen Mädchen mit dunklem Lockenkopf. Sie lebte mit ihrer Mutter in einem Frauenhaus, in dem die Reinigungskraft eine Flasche Rohrreiniger achtlos am Boden stehen ließ. Aus Neugierde nahm sie einen tiefen Schluck. Die Folge war eine Verätzung der Speiseröhre, 3 Wochen Intensivstation und einige Nächte, in denen wir um ihr Leben kämpfen mussten.


Diese Geschichte ist Gottseidank win Extrembeispiel. In der Regel „kosten” Kinder von Putzmittel , Shampoos und Spülmitteln nur einen kleine Schluck, weil diese oft nicht so verführerisch schmecken wie sie aussehen.


Bei Vergiftungen mit Putzmitteln, Spülmitteln und Waschmitteln sollte auf keinen Fall ein Erbrechen ausgelöst werden, bei dem die Substanz zum zweiten Mal in Kontakt mit der empfindlichen Speiseröhre kommt und das schaumige Erbrochene in die Lunge geraten kann.


Am besten gibt man dem Kind ein Schluck Wasser oder zu trinken, um das Gift zu verdünnen. Durch das Trinken von Wasser können Rückstände in der Speiseröhre abgelöst werden. Da Milch ist ebenfalls ein Erbrechen auslösen kann, wird davon abgeraten, Milch zu geben.

Außerdem solltest du den Giftnotruf verständigen. Wenn ätzende Substanzen getrunken wurden, wie in dem Beispiel oben, sollte der Notarzt verständigt werden.

Bei schäumenden Substanzen wie Spülmittel kannst du einen Entschäumer geben wie zum Beispiel Sab Simplex oder Lefax (unbezahlte Produktnennung).


Am besten schützt man sein Kind, indem solche Wasch- und Putzmittel kindersicher verstaut sind.

Kleiner Tipp: Verwende möglichst Reinigungsmittel mit dem Zusatz „Bitrex“ – diese schmecken bitter. Falls ein Kind davon trinkt, spuckt es die Flüssigkeit normalerweise aus, statt sie zu schlucken.



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