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Nahrungsergänzungsmittel für Kinder – Notwendig oder Überflüssig?


Wer sich mit Ernährung beschäftigt, ob vegetarisch, vegan oder omnivor, stolpert irgendwann über das Thema Nahrungsergänzungsmittel (NEM). Laut Nahrungsergänzungmittel-Verordnung sind dies ‚Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die normale Ernährung zu ergänzen und die aus Einfach- oder Mehrfachkonzentraten von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen und in dosierter Form in den Verkehr gebracht werden, zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen‘. NEM müssen - anders als Arzneimittel – keine Zulassungsverfahren durchlaufen. Lediglich das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) muss über neue NEM in Kenntnis gesetzt werden.

Im Jahr 2018 nahmen laut Verbraucherzentralen 10% aller Kinder Nahrungsergänzungsmittel zu sich.

Was ist dran an den unterschiedlichen Empfehlungen und Produkten, die im Netz und den sozialen Medien beworben werden?

Brauchen Kinder wirklich Nahrungsergänzungsmittel?

Der folgende Artikel liefert euch die wichtigsten medizinischen Fakten zum Thema Nahrungsergänzungsmittel für Kinder und beantwortet dabei folgende Fragen:

- Auf welche Nährstoffe sollte in der Kinderernährung besonders geachtet werden?

- Bergen bestimmte Ernährungsweisen spezielle Gefahren für einen Nährstoffmangel?

- Müssen bestimmte Nährstoffe supplementiert werden? Wenn ja, welche und wieviel?

- Was sind natürliche Lieferanten für die genannten (Mikro)Nährstoffe?

Vereinfacht gesagt besteht unsere Nahrung aus Makro- und Mikronährstoffen. Makronährstoffe liefern uns Energie und wir können sie sehen. Das sind die Kohlenhydrate (inkl. Ballaststoffe), Fette und Proteine (Eiweiße).

Mikronährstoffe können wir mit dem bloßen Auge nicht sehen. Hierzu gehören Spurenelemente und Vitamine. Die meisten Mikronährstoffe bildet der Körper nicht selbst, sie müssen dem Körper, überwiegend über die Ernährung, zugeführt werden.

Fachleute und Ernährungsexpertinnen sind sich einig, dass eine vollwertige und dementsprechend ausgewogene Ernährung fast alle Nahrungsergänzungsmittel überflüssig macht, unabhängig von der Ernährungsweise.

Trotz allem ist die Rede von kritischen Nährstoffen. Damit sind Nährstoffe gemeint, für die vergleichsweise häufig ein Mangel festgestellt wird.
Hierzu gehören:
Vitamin B 12, Eisen, Calcium, Selen, Vitamin A, Jod, Vitamin B2, langkettige Omega 3-Fettsäuren und Vitamin D.

Ein Nährstoffmangel kann unterschiedliche Gründe haben: zu geringe Zufuhr, erhöhter Verbrauch oder schlechte Resorption.

Wichtig ist hierbei zu betonen, dass sowohl Vegetarier als auch Menschen, die Fleisch konsumieren, alle notwendigen Nährstoffe über ihre Ernährung zu sich führen könn(t)en.

Folgende Ausnahmen sollten separat benannt werden:

Lediglich in der veganen, also rein pflanzlichen, Ernährung gelingt es nicht, Vitamin B 12 in ausreichenden Mengen zuzuführen, sodass dies zwangsläufig ersetzt werden muss.

Außerdem muss bei Babys und Kleinkindern unbedingt Vitamin D supplementiert werden und zwar mindestens bis zum 2. erlebten Sommer. (Die konkreten Empfehlungen hierzu findest du im Blog-Artikel zum Thema Vitamin D).

Weiterhin sollte auf eine ausreichend hohe Einnahme von Iod geachtet werden. Für Erwachsende ist eine wichtige Iodquelle das jodierte Speisesalz. Vollgestillte Säuglinge erhalten genug Iod über die Muttermilch, wenn die Mutter ausreichend versorgt ist. In Formula-Nahrung ist Iod in ausreichender Menge beigesetzt.

Sobald B(r)eikost eingeführt wird, ist die Notwendigkeit der Supplementation abhängig von der Baby-/Kleinkindernahrung.

Während Iod zusätzlich gegeben werden muss, wenn die Babynahrung selbst hergestellt wird, ist industriell gefertigte Nahrung für Babys meist mit Iod angereichert.

Hier lohnt sich ein genauer Blick aufs Etikett. Vor dem 2. Lebensjahr sollte Babynahrung nicht gesalzen werden, weshalb Salz als Iodquelle erstmal wegfällt. Später darf in kleinen Mengen jodiertes Speisesalz verwendet werden, wodurch bereits ein Teil des Jodbedarfs gedeckt werden kann.

Alle anderen kritischen Nährstoffe können theoretisch – unabhängig von der Ernährungsform – über die Nahrung zugeführt werden. Trotzdem existiert auch unter ExpertInnen noch eine gewisse Skepsis gegenüber der veganen und vegetarischen (Kinder-)Ernährung, weshalb in diesem Kontext immer eine Beratung durch eine speziell ausgebildete Person empfohlen wird.

Die Verbraucherzentralen haben im Jahr 2018 im Rahmen eines Marktchecks 26 verschiedene NEM untersucht, davon enthielten 24 mehr als einen Nährstoff. Außerdem kritisch festgestellt wurde, dass die meisten Produkte mittels Zucker oder Süßungsmittel gesüßt waren. Weiterhin überschritten 22 Produkte mindestens bei einem Nährstoff die Referenzwerte der Nährstoffzufuhr für Kinder zwischen 4 und 6 Jahren.

Die Schlussfolgerung der Verbraucherzentralen deckt sich mit der Meinung der meisten Ärztinnen und Ärzte: Eine allgemeine Empfehlung für NEM kann nicht ausgesprochen werden.

Eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf und Bewegung an der frischen Luft sind und bleiben die Voraussetzung für eine gute Entwicklung der Kinder.

Es ist wichtig, dass Eltern aufgeklärt werden über die Risiken von NEM und die Möglichkeit der vollwertigen Ernährung auch ohne NEM.

Die folgende Tabelle verschafft einen Überblick über mögliche Nahrungsmittel-Quellen, die uns mit kritischen Nährstoffen versorgen können:

​Vitamin B 12

​Nur tierische Produkte: Milch, Eier, Innereien

Eisen

​Rotes Fleisch, Innereien, Getreideprodukte, z.B. Haferflocken, Hülsenfrüchte, Mandeln, Sesam, Kürbiskerne

Calcium

Milch, Milchersatzprodukte wie Hafermilch, Tofu, Sesam, Leitungswasser, dunkelgrünes Blattgemüse

Selen

Paranüsse, Brokkoli, Knoblauch, Zwiebeln (Gehalt stark vom Gehalt im Boden abhängig)

Vitamin A (Retinol)

Papayas, Orangen, Karotten, Kürbis

Jod

Jodiertes Speisesalz, Fisch

Vitamin B 2 (Riboflavin)

Fleisch, Fisch, Eier, grünes Blattgemüse

Langkettige Omega3 Fettsäuren

​Leinöl, Leinsamen, Walnüsse, Walnussöl

Vitamin D

Stellt der Körper mit Hilfe von Sonnenlicht selbst her. Häufig: relativer Mangel in den Wintermonaten


Und hier nochmal die konkreten Empfehlungen für Jod, Vitamin B 12 und Vitamin D.

Jod:




Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) stellt auf ihrer Website eine ausführliche Tabelle zur Verfügung, die zu den wichtigsten Mikro- und Makronährstoffen die Referenzwerte angibt, aufgeteilt nach Alter.

https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/gesamt/

Weitere Quellen:

Kinder- und Jugendarzt, Ausgabe 01/22 ‚Brauchen Kinder Vitamine und Mineralstoffe als Nahrungsergänzungsmittel‘

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