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Meningokokken-B-Impfung: Wovor sie schützt und wie die praktische Durchführung aussieht

 

Meningokokken sind Bakterien, die vor allem bei Kindern schwere Erkrankungen auslösen können. Meningokokken werden von Mensch zu Mensch per Tröpfcheninfektion (also beim Niesen, Husten, Küssen oder durchgemeinsame Nutzung von Besteck und Schnullern) übertragen.

Glücklicherweise sind Meningokokken-Infektionen in Deutschland sehr selten (zwischen 2015 und 2019 ca 1,5 Fälle pro 100.000 Kinder unter 5 Jahren), können jedoch schwerwiegende Folgen haben und verlaufen bei 8% der erkrankten Kinder tödlich.

Infektionen mit Meningokokken sind deshalb so gefürchtet, weil sie sehr schnell sehr heftig verlaufen können. Anfangs ähneln die Symptome einer Grippe. Erkrankte Kinder können also Fieber haben, trinkschwach oder unruhig sein. Binnen weniger Stunden kann es zu lebensbedrohlichen Verläufen kommen. Zwei Drittel aller Betroffenen entwickeln eine Meningitis (Hirnhautentzündung) und ein Drittel aller an einer Meningokokken-B-Infektion Erkrankten Kinder eine Sepsis (Blutvergiftung). Eine rasche Diagnose und die sofortige Behandlung sind dann entscheidend.

Typische Langzeitfolgen sind unter anderem Nervenerkrankungen wie die Epilepsie oder Hörverlust, psychische Störungen und Amputationen.



 

Es gibt verschiedene Typen von Meningokokken: A, C, W, Y und B. Die Graphik zeigt die Häufigkeitsverteilung der einzelnen Meningokokken Stämme. (Quelle: https://www.meningitis-bewegt.de/content/dam/cf-pharma/meningitis-bewegt/master/assets/erkrankung/verteilung-meningokokken-gruppen.webp)

Gegen Meningokokken C wird in Deutschland bereits regelhaft ab dem 2. Lebensjahr geimpft. Außerdem wird für Reisen in bestimmte Länder die Impfung gegen ACWY empfohlen. Die Impfung gegen Meningokokken B war bislang nur für bestimmte Patientengruppen, beruflich Gefährdete und bei Reisen in bestimmte Risikogebiete empfohlen. Am 18.01.2024 hat die STIKO (Ständige Impfkommission) eine allgemeine Impfempfehlung für die Meningokokken B Impfung für alle Säuglinge ausgesprochen.

 

Die STIKO schlägt hierbei folgende Vorgehensweise vor:

 

- Säuglinge sollen nach dem 2+1 Schema (2 Grundimmunisierungen und eine Auffrischimpfung) nach 2, 4 und 12 Monaten mit dem Meningokokken B Impfstoff Bexsero geimpft werden.

- Bisher ungeimpfte ältere Kinder sollen als Nachholimpfung ab dem Alter von 12 Monaten 2 Impfdosen im Abstand von mindestens 2 Monaten und eine dritte Dosis 12-23 Monate später erhalten.

- Ab dem 3. Lebensjahr werden nur noch 2 Impfdosen im Abstand von mindestens einem Monat für ungeimpfte Kinder empfohlen.

Für Kinder, die älter als 5 Jahre sind, gibt es derzeit keine Impfempfehlung. Das liegt daran, dass gerade kleine Kinder unter 2 Jahren besonders „häufig“ an Meningokokken B Infektionen erkranken und die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) mit steigendem Alter stark abnimmt.

 

Wieso sollen bereits so kleine Kinder geimpft werden?

 

Der frühe Impfschutz ist entscheidend, weil das Risiko für schwerverlaufende Meningokokken-Erkrankungen in den ersten Lebensmonaten am größten ist.

In der Praxis bedeutet dies, dass Kinder nun im Alter von 2 und 4 Monaten neben der bereits empfohlenen 6-fach-Impfung und der Pneumokokken-Impfung auch noch die Meningokokken-B-Impfung erhalten sollen. Diese 3 Impfungen werden intramuskulär verabreicht. Zusätzlich wird ggf. noch die Rota-Impfung als Schluckimpfung verabreicht. Die 3. Gabe der Meningokokken-B-Impfung erfolgt mit 12 Monaten in Kombination mit der Meningokokken-C-Impfung.

 

Sind 3 Impfungen auf einmal nicht zu viel?

 

Die STIKO hat die Koadministration(gleichzeitige Gabe) der Meningokokken-B-Impfung zusammen mit anderen Impfungen gründlich auf Sicherheit und Wirksamkeit überprüft. Millionen von Kindern wurden weltweit bereits mit Bexsero in Kombination mit anderen Impfstoffen geimpft. Schwere Impfkomplikationen treten bei Säuglingen äußerst selten auf.

 

Allerdings werden nach der Meningokokken-B-Impfung relativ häufig Impfreaktionen beobachtet. Hierzu gehört vermehrtes Weinen, Schmerzen, Rötung und Schwellung an der Einstichstelle, Fieber und Unruhe. Derartige Impfreaktionen sind normal und zeigen, dass das kindliche Immunsystem auf die Impfung reagiert. Aus ärztlicher Sicht besteht dann kein Grund zur Sorge.

Weil die oben beschriebenen Symptome bei der gleichzeitigen Gabe von Bexsero und weiteren Impfungen etwas häufiger auftreten, sollten Eltern in der kinderärztlichen Praxis gut darüber aufgeklärt werden. Außerdem empfiehlt die Stiko die Gabe von Paracetamol bereits prophylaktisch, um das Ausmaß der Impfreaktion abzumildern. Die Wirkung der Impfungen wird hierbei nicht eingeschränkt.  

 

Die Empfehlung lautet, drei intramuskuläre Impfungen am selben Tag durchzuführen. Dies soll einerseits die Zahl der notwendigen Impftermine gering halten und andererseits dafür sorgen, dass wichtige Impfungen nicht aufgeschoben oder vergessen werden.

 

Was ist, wenn 3 Impfungen am selben Tag nicht möglich sind oder wir als Eltern uns dagegen aussprechen?

 

Die Stiko legt keine Priorisierung bezüglich der Impfstoffe gegen Meningokokken B, Pneumokokken und Tetanus, Diphterie, Pertussis, Poliomyelitis Hämophilusinfluenzae Typ b und Hepatitis B (6-fach Impfstoff) fest.

Ist eine Koadministration der 3 empfohlenen Impfdosen nicht möglich, so sollen ärztliches Personal und Eltern gemeinsam eine sinnvolle Reihenfolge festlegen, die möglichst zügig zur Komplettierung des Impfschemas führt.

 

Folgende Prophylaxe wird bei der Verabreichung der Meningokokken-B-Impfung mit dem Bexsero Impfostoff empfohlen:

 

 

Wenn anstelle des Zäpfchens Paracetamol-Saft (40mg/ml) gegeben werden soll, erhalten Kinder < 4 kg 1 ml Saft (40 mg Paracetamol) und Kinder ab 4 kg erhalten 1,5 ml Paracetamol-Saft (60 mg Paracetamol) in den oben genannten Zeitabständen.

 

Was ist mit Kindern über 5 Jahren und wielange hält der Impfschutz?

 

Momentan gibt es noch keine Impfempfehlung für Kinder über 5 Jahren, weil die Inzidenz bei Kindern zwischen 5 und 19 Jahren deutlich niedriger liegt. Dennoch kann auch in dieser Altersgruppe eine individuelle Impfempfehlung durch den Kinderarzt/die Kinderärztin ausgesprochen werden.

Leider ist die Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen zum aktuellen Zeitpunkt noch sehr inhomogen geregelt.

Über die Dauer des Impfschutzes gibt es aktuell keine ausreichenden Daten, weshalb die STIKO hierzu keine verlässliche Aussage machen kann.

 

 

 

Quellen: Praxis-Tipps zur Umsetzung der neuen Meningokokken-B-Impfempfehlung für Säuglinge aus Kinder- und Jugendarzt Nr02/24.

 

 

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